Haftung für fehlerhaften Rettungsdienst-Einsatz – Anspruch auf Hinterbliebenengeld

03.06.2021

Das Landgericht Aurich hat in einer nichtveröffentlichten Entscheidung den Landkreis Aurich als Träger des Rettungsdienstes verurteilt, den Angehörigen eines aufgrund eines in der Gesamtschau grob fehlerhaften Rettungsdiensteinsatzes verstorbenen Kindes Schadensersatzansprüche und insbesondere Hinterbliebenengeld zugesprochen. 

Die Eltern des Kindes hatten einen Notruf ausgelöst, nachdem ihr vorerkrankter Sohn unter starker Atemnot litt. Der sodann durchgeführte Rettungsdiensteinsatz begründete eine Haftung des Landkreises, weil verschiedene Sorgfaltspflichtverstöße nach der Einschätzung des Landgerichts in der Gesamtschau zu einem grob fehlerhaften Rettungsdiensteinsatz führten. 

Zunächst habe der Disponent in der Rettungsleitstelle wertvolle Zeit verloren, indem er sich zunächst damit auseinandergesetzt hat, was sich hinter der Bezeichnung der von der Mutter angegebenen Vorerkrankung des Kindes verbirgt, bevor er den Rettungswagen alarmiert hat. Weiter haben die Mitarbeiter der Rettungsleitstelle die Hinweise der Mutter des Kindes nicht berücksichtigt, dass wegen einer Straßensperrung eine besondere Fahrtroute gewählt werden müsse. Sodann hat der Sachverständige bemängelt, dass die Rettungssanitäter zunächst einen Intubationsversuch gestartet haben, bevor sie mit der Beatmung begonnen haben. 

Diese Pflichtverletzungen, wenn man sie zusammen betrachte, bewertete das Landgericht als schlichtweg unverständlich. Durch die Amtspflichtverletzungen sei der Tod des Kindes verursacht worden. 

Der Bundesgerichtshof wendet im Rahmen des Amtshaftungsanspruches wegen Amtspflichtverletzungen durch Rettungssanitäter die im Arzthaftungsrecht geltenden Grundsätze, dass nämlich ein grober Behandlungsfehler regelmäßig eine Umkehr der objektiven Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden bewirkt, an.

Das Landgericht hat der Familie ein Schmerzensgeld aus übergegangenem Recht sowie Schadensersatz zugesprochen. Darüber hinaus haben die Kläger aufgrund des persönlichen Näheverhältnisses Anspruch auf ein Hinterbliebenengeld gemäß § 844 Abs. 3 BGB. In Anwendung dieser neuen, seit 2017 bestehenden Anspruchsgrundlage soll das durch den groben Behandlungsfehler zugefügte seelische Leid der Angehörigen entschädigt werden. 


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